Monthly Archives: November 2015

Und am 8.12. um 19:30h: Séraphine

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Martin Provost
Séraphine
Frankreich 2008, 125 min.
in Zusammenarbeit mit Kunstverein Husum e.V.

In den meisten Nachschlagewerken sucht man vergeblich nach dem Namen Séraphine Louis. Sie ist eine tragische Randfigur der Kunstgeschichte und weitestgehend vergessen. Der mit sieben Césars ausgezeichnete Film folgt den wenigen bekannten Fakten des Lebens der Séraphine. Wie die Ausnahme-Schauspielerin Yolande Moreau die Einsiedlerin mit ihrem wechselnden Gestus zwischen Naivität und Wunderlichkeit verkörpert, ist schlicht überragend gespielt. Zu Beginn sieht man Séraphine, die abseits der Gesellschaft ein karges Dasein fristet, wie sie Wäsche wäscht und putzt, ihren kleinen Lohn zwei Mal zählt, ganz in ihrer eigenen Welt versunken ist.
Beim Metzger lässt sie eine Kanüle Blut mitgehen, in der Kirche bedient sie sich nach einer Bekreuzigung beim flüssigen Kerzenwachs und dann sieht man wozu sie diese Zutaten braucht. Des Nachts, in einer kleinen Kammer mischt sie, wie eine Hexenmeisterin vor dem Altar hockend, Farben, mit denen sie kleine Holzbretter bemalt.
Natürlich nimmt niemand sie und ihre Malerei für voll, bis der in das Dorf gezogene deutsche Kunstsammler Wilhelm Uhde (glaubhaft: Ulrich Tukur) eines der Bilder Séraphines zu Gesicht bekommt. Sofort ist er vom Talent der Frau begeistert und beginnt sie zu fördern.
Doch immer wieder kommt das Schicksal in den Weg und verhindert einen breiten Erfolg, den Séraphine sonst vielleicht gehabt hätte. Zunächst ist es der Erste Weltkrieg, der den Deutschen dazu zwingt Frankreich zu verlassen. Nach seiner Rückkehr in die französische Provinz, verhindert die Weltwirtschaftskrise, dass Séraphine die Einzelausstellung bekommt, die ihr Uhde stets versprochen hatte. Zuletzt landet die immer wunderlicher werdende Séraphine in der Nervenheilanstalt und wird nie wieder malen.

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Und am 24.11. um 19.30h: Winterschlaf

02

Nuri Bilge Ceylan
Winterschlaf
Türkei 2014, Überlänge 196 min.

Nuri Bilge Ceylan, berühmtester Autorenfilmer der Türkei und Stammgast auf den großen Festivals der Welt, hat für diesen poetischen Film die Goldene Palme erhalten. Er erzählt die Geschichte eines alternden Künstlers, der in der türkischen Provinz Unternehmer geworden ist. Der Film besticht durch imposante Bilder und genaue Milieuzeichnungen. Der ehemalige Schauspieler Aydin (Haluk Bilginer) betreibt jetzt ein Hotel und besitzt einige Häuser in einem Dorf in Kappadokien. Mit seiner jungen Frau Nihal (Melisa Sözen) versteht er sich nicht mehr und mit seiner frisch geschiedenen Schwester Necla (Demet Akbag), die bei ihm Unterschlupf gefunden hat, liefert er sich heftige Wortgefechte. Auch im Dorf scheint er nicht sehr beliebt zu sein. Als der Sohn eines säumigen Mieters ihm eines Tages mit einem Stein die Autoscheibe einzuwerfen versucht, wird eine Spirale von Ereignissen in Gange gesetzt, die dazu führt, dass Aydins Position als Autokrat wackelt. Ähnlich wie in Ceylans Film „Iklimler – Jahreszeiten“, geht es auch hier um das Scheitern einer Ehe sowie um einen Mangel an Kommunikation zwischen den Geschlechtern, den Generationen und den sozialen Klassen. Der selbstgerechte Aydin stößt mit seiner autoritären Art an seine Grenzen – so zeichnet „Winterschlaf“ den unaufhaltsamen Untergang eines Provinzpatriarchen, dessen Realität und Ansprüche weit auseinander klaffen – eine Methapher für den schwierigen gesellschaftlichen Umbruch in der Türkei.

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