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Und am 23.6. um 19 Uhr: Diplomatie

Volker Schlöndorff
Diplomatie
Deutschland, Frankreich 2014, 84 min.

Im Sommer 1944 entging Paris nur knapp seiner Zerstörung. Rund 70 Jahre später schildert „Diplomatie“ von Volker Schlöndorff jene Schlüsselstunden. Am 23. August 1944 gab Adolf Hitler angesichts des Vormarsches der Alliierten den Befehl, die französische Hauptstadt in Schutt und Asche zu legen. Paris dürfe „nicht oder nur als Trümmerfeld in die Hand des Feindes fallen“, ordnete er an. Der deutsche Stadtkommandant Dietrich von Choltitz traf die nötigen Vorbereitungen: Er ließ alle weltberühmten Bauwerke verminen: Eiffelturm, Louvre, Sacré-Coeur, die Kathedrale Notre Dame, dazu 32 Brücken über die Seine.
Es war ein entscheidender Moment in der französischdeutschen Geschichte, ein Scheideweg mit wahrscheinlich weitreichenden Folgen für Europa und die Zivilisation. Und natürlich eine hochdramatische Situation. Ein gefundenes Fressen also für einen eloquenten
Dramatiker wie Cyril Gély. Er schrieb darüber ein Kammerspiel, das 2011 zum Publikumserfolg avancierte.
Der französischer Charakterdarsteller Niels Arestrup („Ein Prophet“) spielt darin den deutschen General. Den Gegenpart übernimmt sein französischer Kollege André Dussollier, er gibt den schwedischen Konsul Raoul Nordling. Im Stück schlüpft dieser über einen
Geheimgang überraschend in die Suite des Generals im noblen Hotel Meurice, wo sich dessen Hauptquartier befindet. In der Nacht auf den 25. August versucht Nordling in stundenlangen Gesprächen, von Choltitz von dem barbarischen Vorhaben abzubringen.
In seiner räumlichen und stofflichen Konzentration ist es das radikalste Werk in der langen Karriere des 75-jährigen Filmemachers.

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